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In diesem Blogpost treffen gleich mehrere Geschichten zusammen: Die Eine, warum man trotzdem Seifensieden sagt, obwohl man beim Kaltsiedeverfahren keine Hitze zufügt und die Andere, bei der wir beim Heißverseifen auch keine Hitze zugefügt haben. Lies gleich rein und hol dir unser Rezept zur Herstellung von OHP-Seife!
Naturseifen selber machen im Heiß- oder Kaltverfahren
Über eine kleine Kuriosität bin ich beim Seifensieden schon oft gestolpert, die Worte “Seifen sieden”. Das impliziert ja, dass man die Seife zum Sieden, also zum Kochen bringt, und das tun wir nicht – zumindest nicht in meinen Seifenkursen, in denen wir Naturseife nach dem Kaltsiedeverfahren herstellen. In der Theorie unterscheidet man zwischen dem Heißsiedeverfahren (auch Heißverfahren oder Oven Hot Process bzw. OHP-Seife genannt), bei den der Seife externe Wärme zugeführt wird, und dem Kaltsiedeverfahren (auch Kaltverfahren / Cold process soap bzw. CP genannt), bei dem das nicht der Fall ist. Soweit die Theorie – die ich natürlich am Ende des Beitrags wieder über den Haufen werfe, also bitte noch ein bisschen weiterlesen!
Werden selbst gemachte Seifen wirklich zum Sieden gebracht?
Ich habe gelernt, dass der Begriff “Seifensieden” aus einer Zeit stammt, in der die Seifenherstellung in großen Kesseln über offenem Feuer stattfand. Auch wenn die Seife nicht (mehr) gekocht wird, hat sich der Begriff historisch etabliert und wird auch heute noch verwendet, um den Prozess der Seifenherstellung zu beschreiben, auch wenn die Temperaturen unter dem Siedepunkt gehalten werden. So weit, so gut, aus dem Geschichtsbuch als kleine Antwort auf das folgende Ereignis:
Ich habe über Social Media eine Nachricht erhalten, in der es hieß: “Kalt gesiedet ist ein Widerspruch in sich. Für kalt gerührte Seifen braucht man nichts zu sieden.”
Dem stimme ich voll und ganz zu. Man sagt es trotzdem so. Da nützt das ganze I-Tüpferl-reiten (so sagt man in Österreich zum Herummäkeln) nichts. Natürlich kann man auch “Seife kalt rühren” sagen, wie der kritische Schreiber anmerkte – aber “Seifenrühren” statt “Seifensieden” klingt doch komisch, oder?
Vorteile der Heißverseifung
Also noch einmal zur Erklärung: Beim “Kaltrührverfahren” werden Öle und Lauge miteinander vermischt (natürlich unter Einhaltung aller Sicherheitsvorkehrungen beim Umgang mit Lauge, einschließlich Schutzbrille und Handschuhen), ohne dass Wärme von außen zugeführt wird. Bei OHP-Seifen wird Wärme mit Hilfe eines Ofens, eines Wasserbads oder eines Crockpots zugeführt. Bei diesem Verfahren ist der Verseifungsprozess innerhalb von 1 bis 2 Stunden vollständig abgeschlossen (im Gegensatz zur Kaltverseifung, bei der der Verseifungsprozess 24 Stunden dauert). Die heißverseifte Seife hat gegenüber der kaltverseiften den Vorteil, dass sie gezielt “überfettet” werden kann. Die Rückfettung besteht dann hauptsächlich aus dem Überfettungsöl, das am Ende, also nach der Verseifung, zugegeben wird. Auch benötigt sie keine Reifezeit von 4 bis 6 Wochen, Die Seife kann sofort verwendet werden. Obwohl die Seife sofort benutzbar wäre, gönnt man ihr im Normalfall aber trotzdem eine Woche Reifezeit.
Nachteile der Heißverseifung
Das klingt doch wunderbar – oder? Warum machen wir nicht alle Seife nach dem Heißverfahren? Nachteil: Man kann keine so schönen Muster in die Seife “swirlen” bzw. ziehen wie bei beim Kaltverfahren. In meinen Seifenkurse erwähne ich manchmal, dass der Nachteil ist, dass man bei der HP-Seife (Hot Process) nur hässliche Seifen bekommt. Diese Theorie widerlege ich in diesem Beitrag jedoch selbst, weil die Seife um die es in der nachfolgenden Geschichte geht, wunderschön geworden ist, lies weiter!
Eine schnell verwendbare Naturseife herstellen - und das um Mitternacht in illustrer Runde!
Anfang Februar haben wir die Theorie des Heißsiedeverfahrens auf den Kopf gestellt: Meine Seifenfreundinnen waren zu Besuch in meinem Seifenstudio, vielzweckraum. Am Nachmittag haben wir Seife kalt gerührt und als Mitternachtseinlage haben wir “Seife heiß gerührt”, ja genau, nach dem Heißsiedeverfahren, aber ohne Wärmezufuhr! Das wäre dann eine Art kaltes Heißrühren. Entschuldigung, das konnte ich mir angesichts des oben erwähnten Social Media Kommentars nicht verkneifen.
Tief in die Trickkiste greifen: Zucker heizt den Seifenleim an!
Um die Seife ohne Wärmezufuhr quasi durch Selbsterhitzung zum Sieden zu bringen, haben wir uns einen interessanten Effekt zunutze gemacht: Natürlicher Zucker erwärmt den Seifenleim. Dadurch wird die flüssige Seife noch wärmer und dadurch schneller fest. Meine Idee, Honig hinzuzufügen, konnten wir leider nicht umsetzen, da ich den Honig zu Hause vergessen hatte. Also haben wir unsere Übernachtungs-Vorräte durchsucht und sind auf Holunderblütensirup gestoßen. Bevor wir ihn verwendeten, überprüften wir die Inhaltsstoffe, um sicherzugehen, dass es sich um natürlichen Zucker handelte, da industriell hergestellter (weißer) Zucker nicht den gleichen Effekt hat. Glücklicherweise enthielt der Sirup Rohrzucker. Außerdem fügten wir der Lauge Zitronensäure hinzu, um auch hier die Temperatur zu erhöhen.
Was bewirkt Alkohol in der selbst gemachten Seife?
Normalerweise lassen wir Fette und Öle sowie die Lauge abkühlen, um kalt gerührte Seife herzustellen. In diesem Fall haben wir die warmen Öle und die heiße Lauge püriert und den Sirup hinzugefügt. Das Tüpfelchen auf dem i war, der Seife einen Schuss von unserem Gin abzugeben. Mehr brauchten wir nicht zu tun. Schau dir das Video an, die Seifenlauge quoll über wie ein Vulkan. Sie hatte fast 100°c, außerdem war die Seife vollständig durchgegelt und in etwa nach 30 Minuten fertig.
Im Nu war unsere Seife heiß verseift und wir haben sie schnell in die Form gespachtelt. Die Form einige Male sanft auf die Unterlage klopfen, um noch Luftlöcher zu minimieren.
Schon zum Frühstück konnten wir unsere – mit Aktivkohle gefärbte – fertige Seife schneiden. Außen sah sie sehr rustikal, nur ganz wenig bröckelig aus, innen war sie zu unserer Überraschung weich und geschmeidig und hat uns viel Freude bereitet!
Seife selber machen im Heißverfahren, was ist zu beachten?
Versuche dieses Rezept nur, wenn du schon etwas Erfahrung mit der Herstellung von Seife hast. Wähle ein großes Gefäß, damit die heiße Seife genug Platz zum “Überquellen” hat.
Seifenrezept für Heißverseifung
Bei unserem Seifenrezept besteht die Gesamtfettmenge (GFM) aus:
- 25 % Olivenöl
- 25 % Babassuöl (du kannst auch Kokosöl wählen)
- 15 % Avocadoöl
- 15 % Mandelöl
- 10 % Kakaobutter
- 10 % Rizinusöl
Die Menge an NaOH bitte im Seifenrechner selber ausrechnen.
Wir wählten eine Rückfettung / Überfettung von 8 % und lösten 3 % Zitronensäure im destillierten Wasser für die Lauge auf, bevor wir NaOH hinzufügten.
Als Flüssigkeitsmenge für die Lauge haben wir 33 % gewählt. Alle Prozentangaben beziehen sich auf die Gesamtfettmenge, die wir mit 1 000 g gewählt hatten.
Anleitung HP-Seife
Als Überfettungsöl wählten wir Mandelöl.
Das bedeutet, dass wir die heiße Lauge zu den mit Aktivkohle gefärbten heißen Ölen (Olivenöl, Babassuöl, Avocadoöl, Mandelöl, Kakaobutter und Rizinusöl) ohne das Mandelöl gegeben haben.
Dann wurde kurz püriert und 30 g Hollundersirup und 3 cl Gin zum Seifenleim gegeben.
Dann ließen wir den Seifenleim richtig heiß werden und deckten ihn mit Frischhaltefolie ab, bis wir eine zarte Bewegung mitten in der Gelphase entdeckten. Daraus wurde dann ein wallender Vulkan.
Nach einer Weile rührten wir um und deckten wieder ab. Wir hüllten die Seife in eine Decke, um die Hitze im Gefäß zu halten. Als unsere Seife – typisch für die Heißverseifung – die Textur einer Elefantenhaut erreichte, gaben wir den Duft und das Mandelöl dazu.
Martina hatte recht, Duft und Mandelöl rührt man am besten mit dem Schneebesen in die Seifenmasse. Dann schnell in die Seifenform und mit einem Gläschen anstoßen und die Seife hochleben lassen (der letzte Schritt ist optional und eignet sich am besten, wenn die Seife als Gemeinschaftsprojekt gesiedet wurde).
Wenn du Lust hast Mal im Kurs eine OHP-Seife zu sieden, schreib mir eine E-Mail oder einen Kommentar, dann beeile ich mich ein bisschen einen Termin dafür zu finden!
Alles Liebe, Diane
6 Responses
Hallo Diane, ich habe dein Rezept mit grossem Interesse gelesen. I seifel auch ein bisschen und ich habe bisher nur Kaltverseifungen gemacht. Wenn ich Zucker verwende, nehme ich ihn immer für einen Swirl, das der Seifenleim längervflüssig bleibt. Zitronensäure, benutze ich für meine Haarseifen. Wenn sie dann evtl. Schnell hart werden, dachte ich, das es an den Blumendüften, – ölen liegt, die ich mit verseife. Ich werde es mal ausprobieren und mich bei dir melden. Habe aber mein Avokadoöl grad aufgebraucht, geht das auch mit einem anderen Öl? Ich denke doch. Liebe Grüsse aus der Türkei
Liebe Claudia,
Zitronensäure lässt den Seifenleim nicht andicken, das verspreche ich! Sie lässt die Lauge heißer werden und man muss ev. ein bisschen länger warten bis sie abgekühlt ist. Du kannst das Avocadoöl gerne durch Mandelöl austauschen!
lg Diane
Ich finde es sehr schön 👍👍👍
vielen lieben Dank!
Diese Seife klingt phantastisch, leider bist du etwas weit weg von Berlin. An dieses Rezept werde ich mich aber irgendwann einmal ran wagen.
Vielen Dank dafür
Liebe Janina,
Berlin steht ganz oben auf unseer Liste, dann müssen wir zu dir kommen 🙂
Danke für deinen lieben Kommentar,
lg Diane